Entwicklungs-gap in der digitalen Zusammenarbeit?

von | Jan 29, 2022 | 0 Kommentare

„New Work“, „Work 2.0“ oder „Digitale Zusammenarbeit“ sind Bezeichnungen für Arbeitskonzepte, welche eine dynamischere und flexiblere Zusammenarbeit beschreiben. In den letzten Jahren haben diese immer mehr Aufmerksamkeit erhalten und wurden zunehmend auch Entwicklungspunkte für Manager und Personalentwickler. Gute Gründe dafür gibt es viele: Anforderungen der Young Professionals, die geforderte Agilität in der heutigen VUKA-Welt, Kostenersparnisse aber auch die gereifte Erkenntnis, dass diese Konzepte nicht nur die Zusammenarbeit vereinfachen und die Menschen flexibler werden lässt, sondern darüber hinaus zu einer größeren Mitarbeiterzufriedenheit führen.

Meiner Beobachtung nach ist diese Entwicklung allerdings etwas einseitig. Zu sehr stehen lediglich die technischen Voraussetzungen im Fokus: Verschiebbare Arbeitsstationen, Laptops und VPN-Verbindungen, um Homeoffice anbieten zu können oder Abläufe und Rollen von agilen Frameworks wie Scrum. Eher selten wird berücksichtigt, dass diese neue Art zu arbeiten auch andere Anforderungen an den Menschen selber stellt. Der Ausbruch des Covid-19 Virus hat diese Entwicklung noch zusätzlich katalysiert:

  • Nicht jeder hat die Organisationsfähigkeiten oder Disziplin, die ein Arbeiten von Zuhause aus voraussetzt oder kann sich auf schnell wandelnde Arbeits-/Projektbedingungen einlassen. So sind Berichte über die Probleme der virtuellen Zusammenarbeit regelmäßig auch in Tagesblättern zu lesen. Es wird von Konzentrationsproblemen berichtet, durch bspw. häusliche Ablenkungen (Kinder, Haustiere oder aber durch den Partner, der auch im Homeoffice arbeitet). Auch häusliche, emotionale Probleme müssen auf einmal omnipräsent „ausgehalten“ werden.
  • Die digitale Kommunikation ist durch zahlreiche Apps und Plattformen zwar zugänglicher geworden, jedoch kann jeder nachvollziehen, dass eine direkte Kommunikation im selben Raum nicht ersetzt werden kann. Die Körpersprache geht über digitale Kanäle Großteils verloren, „spricht“ aber ebenso, wie das verbale Wort. Dadurch kann weniger auf das Befinden des Gegenübers eingegangen werden, was sich wiederrum in Berichten über den Rückgang an Empathie am Arbeitsplatz wiederfinden lässt.
  • In der agilen Arbeitswelt ist es bspw. die Selbstorganisation, die gefragt ist; gutes Zeitmanagement, Routinen und eine Reflektion darüber, wie gearbeitet wird. Dies sind Themen, die durch die aktuelle Entwicklung fast jeder Wissensarbeiter kennenlernen muss und welche in der erforderlichen Tiefe bisher eher Entwicklungsthemen des Managements waren.

Der Mitarbeiter sollte also in die Lage versetzt werden mit den neuen Anforderungen auch erfolgreich umgehen zu können. Schaut sich ein Personalentwickler im Weiterbildungsangebot um, wird schnell festgestellt, dass die Problematik oftmals nur durch eine Vielzahl einzelner Trainings adressiert werden kann. Es wird ein Flicken-teppich an Einzel- und Teamtrainings erzeugt, der automatisch einer tatsächlichen Umsetzung des Wissens entgegenwirkt. Es benötigt also Weiterbildungskonzepte, welche unterschiedliche Kompetenzen ineinander verzahnen und die digitale Arbeit auf einer höheren Abstraktionsebene betrachten. Komponenten wie die Entscheidungskompetenz, Emotionsreflektion, Bewusstseins-methoden, Arbeitsorganisation und Teamdynamiken sowie die Aktualität/Zugänglichkeit für kritische Geister, sind dabei besonders zu berücksichtigen.

Das Individuum wie auch das Team muss dabei gemeinsam entwickelt werden. So gibt es Metriken/Benchmarks, die ein Team beobachten kann, um zu erkennen ab wann bspw. Änderungsanfragen eine zu hohe Frequenz erhalten. Damit wird rechtzeitig Zeit und Situation für eine Einschreiten erkannt -bevor negativer Stress im Team entsteht und in Folge eine erfolgreiche Teamarbeit nachhaltig erschwert.

Es gibt also Möglichkeiten diesen einmaligen Umbruch in der Arbeitswelt erfolgreich zu adressieren und zu gestalten. Aktuelle wissenschaftliche Studien aber auch interne Untersuchen wie bspw. bei Google das Projekt Aristoteles (s. Der wichtigste Faktor in der Zusammenarbeit: Psychologische Sicherheit) zeigen auf, dass eine rechtzeitige Durchführung der richtigen Weiterbildungsmaßnahmen die Teams entsprechend ausrichtet und damit maßgeblich der zukünftige Wettbewerbserfolg am Markt bestimmt wird.

Über Michael Mitschke
Experte im Aufbau und Entwicklung hochperformanter Teams. Erfahrener Agile Coach und Scrum Master mit einem Fokus auf die Implementierung agiler Methoden und die Unterstützung von Teams während der agilen Transformation.

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